Wenn man heut' freunde trifft Dann druckst man rum: wie spreche ich ihn an? Denn: „wie geht's?“, traut man sich gar nicht mehr zu fragen Keiner sagt mehr unbefangen: „letztes mal ist's noch gegangen!“ Jeder stöhnt: „ach, man kann gar nicht genug klagen Unser goldfisch hat die grippe Und mein chef versteht mich nicht Und der hund kommt in der schule nicht voran Und dann noch wühlmäuse im garten Und der nachbar übt fagott“ So stimmt jedermann sein klageliedchen an
Mir geht es schlecht, mir geht es schlecht! Das leben ist so hart und ungerecht Wenn einer sagt: „mir geht es prächtig!“ Macht er sich sofort verdächtig Jeder klagt mit fug und recht: „mir geht es schlecht!“
Jeder pflegt auch sein wehwehchen Es tönt: „aua!“, „oh!“ und „uff!“ Wie ein chor aus überfüllten wartezimmern Lauter kranke und auch solche Die es einmal werden wollen Stimmen ein in das gepflegte, zarte wimmern Alle warten sie geduldig Dass der doktor sie erhört Und sie starren wie gebannt auf seine tür Fragt der arzt dann händereibend: „na wie geht es uns denn heut?“ Sagt man: „wie's ihnen geht, das weiß ich nicht, doch mir
Mir geht es schlecht, mir geht es schlecht! Mein puls geht rasend und er hämmert wie ein specht Und ich muss mit trocknen lippen Ein paar magentröster kippen Und im nu bin ich bezecht Und mir ist schlecht!“
Auch der sport geht schon auf krücken In den stadien klaffen lücken Und die funktionäre tragen ernste mienen Ihre kicker zieh'n ne flappe Und riskier'n ne große klappe Weil sie mein'n, dass sie so gut wie nichts verdienen Auch dem läufer und dem schwimmer Ggeht es täglich immer schlimmer Und der springer buddelt weinerlich im sand Schlaff hängt vor dem wurf der hammer Selbst den angler hört man jammern Obwohl dieser sport angeblich so entspannt:
„mir geht es schlecht, mir geht es schlecht! Mir fehlt die kondition, ich bin geschwächt Einen karpfen wollt' ich fangen Einen fetten, einen langen Doch ich fing nur einen hecht Mir geht es schlecht!“
In den diversen parlamenten brüten glücklose talente Denn der haushalt platzt bereits aus allen nähten Und es ist zum steinerweichen Wie sie kürzen, wie sie streichen Allerdings nicht bei den eigenen diäten Sie zeigen sich zutiefst besorgt Ob ihnen jemand noch was borgt Und legen ihre stirn in dackelfalten Und es klagt das hohe haus: „wir hab'n gelebt in saus und braus So was kann doch schlechterdings nicht ewig halten
Uns geht es schlecht, jetzt geht's uns schlecht! Es war ja klar, dass sich das eines tages rächt.“ Jeder gibt am rednerpult Allen anderen die schuld Wer das hört, sagt sich mit recht: „uns geht es schlecht!“